Umfrage zu Geldanlage in Coronazeiten: Fehlende Transparenz ist die größte Hürde

Die Umfrage-Ergebnisse im Überblick:

  • Urlaub und die Bildung finanzieller Reserven sind primäre Spargründe.
  • Beinahe drei Viertel der Befragten empfinden Geldanlagen als zu intransparent.
  • Bei den 18- bis 30-Jährigen und Frauen ist der Informationsbedarf besonders groß.
  • Frauen sparen gegenüber Männer weniger für die Altersvorsorge.
  • Coronazeit verunsichert vor allem kleine und mittlere Sparer.
  • Im Osten ist die Sparquote am niedrigsten.

Die im Auftrag von Exporo durchgeführte Umfrage “Geldanlage in Coronazeiten” gibt interessante Einblicke in das aktuelle Sparverhalten von Verbrauchern: So legt fast jeder Zweite der rund 1.000 Befragten (47,2 Prozent) vorzugsweise Geld für den Urlaub zurück. Nicht minder relevant ist das Sparen für finanzielle Notlagen (43,4 Prozent) und die Altersvorsorge (35,5 Prozent). Unabhängig vom Alter ist es der Mehrheit der Befragten möglich, bis zu 10 Prozent des Nettoeinkommens pro Monat zur Seite zu legen. Aufschlussreich sind besonders die Antworten der 18- bis 30-Jährigen und von Frauen zu den Hürden bei der Geldanlage: 70 Prozent beider Zielgruppen geben an, nicht genug über das Thema zu wissen. Das zeigt, dass es für Finanzproduktanbieter viel zu tun gibt, um potenzielle Kapitalanleger umfassend und umfangreich zu informieren.

Mehrheit erwartet bessere Informationen

Die Angebotstransparenz ist für alle Befragten der wesentlichste Faktor, um zu investieren. Doch gerade die stellt die höchste Hürde dar: Beinahe drei Viertel (71 Prozent) empfinden Geldanlagen als nicht durchschaubar genug. Zudem weiß weit mehr als die Hälfte (64,8 Prozent) nicht, wem er oder sie vertrauen soll. Daran ändert auch eine langjährige Kundenbeziehung wenig: So misstrauen über 35 Prozent der Befragten ihrer Hausbank, was Geldanlagen betrifft. Besonders ausgeprägt ist die Skepsis bei den 31- bis 45-Jährigen (41,2 Prozent). Zudem ist die Angebotsvielfalt verwirrend. Gerade einmal jeder Zweite (54,4 Prozent) überblickt, welche Anlagemöglichkeiten es gibt.

Hürden bei der Geldanlage

Unter 30-Jährigen fehlt das Wissen und die Zeit

Besonders groß ist der Informationsbedarf bei den 18- bis 30-Jährigen. Lediglich 30 Prozent wissen etwas über Geldanlagen. Bezüglich der Spargründe unterscheiden sich die Jungen nicht sonderlich von den übrigen Altersgruppen: Auch sie sparen überwiegend für Urlaub (51,7 Prozent), Freizeit (43,8 Prozent) und Konsum (41,9 Prozent). Sehr hohe Relevanz hat bei ihnen darüber hinaus die Bildung finanzieller Reserven für Notzeiten (45,3 Prozent). Weitere Anlässe für die unter 30-Jährigen zu sparen sind die Alters- (29,8 Prozent) und die Familienvorsorge (21,5 Prozent) sowie die Ausbildung (23 Prozent). Interessant: Etwa 10 Prozent der Jungen sind in der Lage, mehr als die Hälfte des Nettoeinkommens monatlich zurückzulegen. Indes hat nicht einmal jeder Zweite (61,1 Prozent) im Alltag die Zeit, sich mit Geldanlagen zu beschäftigen.

Frauen sorgen weniger für das Alter vor als Männer

Das Hauptmotiv von Frauen zu sparen, ist Urlaub mit 46,9 Prozent, gefolgt vom Zurücklegen von Geld für schlechte Zeiten (45,3 Prozent). Auffallend ist, dass Frauen mit knapp 30 Prozent deutlich weniger für das Alter sparen als Männer mit 39,2 Prozent. Auch hinsichtlich etwaiger Risiken, die die Altersabsicherung gefährden könnten, gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede: Während Männer politische Entscheidungen und Null- bzw. Minuszinsen als die größten Gefahren sehen, betrachten Frauen weltwirtschaftliche Entwicklungen und steigende Inflation als die größten Risiken. Überdies sparen eher Männer als Frauen: Während bei den Männer jeder Siebte (12,7 Prozent) sein Sparschwein füttert, ist es bei den Frauen lediglich jede Sechste (16,9 Prozent). Zudem bemerkenswert: Nur jede zweite Frau (47,5 Prozent) ist am Thema Geldanlage interessiert, wohingegen das Interesse von Männern mit 65 Prozent deutlich größer ist.

Auch eine von der LBBW in Auftrag gegebene Studie, welche das aktuelle Anlageverhalten der Deutschen in Zeiten von Corona untersucht hat, kommt im März 2021 zu dem Ergebnis: „Bei detaillierter Betrachtung [Anm: der Ergebnisse] fällt auf, dass Männer in sämtlichen Anlagegruppen durchgängig mit einem höheren Anteil in Kapitalanlagen investieren als dies Frauen tun.“

Die Sparquote der Anleger

Für moderate Sparer sind die Hürden besonders hoch

Zwar wird die mangelnde Angebotstransparenz von allen Einkommensgruppen als höchste Hürde bei der Geldanlage empfunden. Wer allerdings über ein geringes Nettoeinkommen von unter 2.000 Euro verfügt, sieht sich mit zahlreichen weiteren Hindernissen konfrontiert. So fehlt es bei dieser Einkommensgruppe nicht nur an Vertrauen (60,4 Prozent) und Wissen (58,1 Prozent) im Hinblick auf Investitionsmöglichkeiten. Im Alltag hat auch nur jeder Zweite (51,5 Prozent) die Zeit, sich mit Geldanlagen zu befassen. Hinzu kommt die Coronazeit, die zusätzlich verunsichert. Erstaunlich: Rund zehn Prozent der befragten Geringverdienenden können zwischen 21 und 30 Prozent ihres monatlichen Nettoeinkommens zur Seite legen und weitere 15 Prozent der Geringverdiener legen bis zu 20 Prozent zurück.

Im Osten wohnen die meisten Kleinsparer

Während in den südlichen Bundesländern nur jeder Vierte (24 Prozent) bis zu 10 Prozent des Nettoeinkommens monatlich zurücklegt, gibt es im Osten mit 35,5 Prozent deutlich mehr Kleinsparer. Zudem ist der Anteil derer, die nichts zur Seite legen, im Osten mit 18,6 Prozent am höchsten, gefolgt vom Norden mit 14 Prozent. Die Sparkönige, die pro Monat über 75 Prozent ihres Nettoeinkommens zur Seite legen, sind vornehmlich im Westen beheimatet. Die Altersvorsorge istvor allem im Süden (40,1 Prozent) ein Spargrund, während im Norden nur rund jeder Dritte (31 Prozent) finanziell für das Alter vorsorgt. Denkwürdig ist, dass die Skepsis gegenüber der Hausbank im Süden mit 41,3 Prozent am höchsten ist, während sie im Westen mit 33,2 Prozent am geringsten ausfällt.

Gründe für das Sparen

Wie hat sich Corona bisher auf den Anlagemarkt ausgewirkt?

Ein volles Jahr hat die Corona-Pandemie nun die weltweiten Kapital- und Anlagemärkte beeinflusst. Auch wenn Experten mit Prognosen vorsichtig sind, zeichnen die Entwicklungen der wichtigsten Anlagemärkte ein Bild der Entspannung. DAX und MSCI World haben sich nach tiefer Talfahrt zu Beginn 2020 inzwischen erholt und bewegen sich derzeit über Vorjahresniveau (Stand. 03.05.2021).

Der Immobilienmarkt in Deutschland hat bislang, abgesehen von Assetklassen wie Hotels und Einzelhandel, das vergangene Jahr eher glimpflich überstanden. Insbesondere der Wohnimmobilienmarkt zeigte sich unbeeindruckt: Sowohl bei der privaten Immobilienfinanzierung (der Hauspreis-Index EPX stieg monatlich an und kratzt erstmal an der 200er Marke) als auch bei den Miet- und Kaufpreisen von Wohnimmobilien (stetiges Wachstum des empirica-Immobilienindex) schien es 2020 kein Corona zu geben.

Die verlierenden Assetklassen der Krise schlugen auch bei den offenen Immobilienfonds durch. Wenngleich es auch hier Gewinner gab, so sank insgesamt die durchschnittliche Wertentwicklung der Fonds von 2,9 auf 2,3 %, wie Analysen der Ratingagentur Scope zeigen.

Wie hat sich das Anlageverhalten der Deutschen verändert?

Man könnte meinen, dass sich der sicherheitsverliebte Deutsche noch ein paar Euro mehr unter das Kopfkissen, respektive auf das Sparbuch, gelegt hat: Die Sparquote in Deutschland war im vergangenem Jahr nach Daten des Statistischen Bundesamtes auf das Rekordhoch von 16,3 Prozent gestiegen.

Doch ganz so simpel ist die Rechnung nicht: Zum ersten Mal seit Platzen der Dotcom-Blase im Jahr 2000 und dem Sturz der landläufig als „Volksaktie“ betitelten Telekom Aktie gibt es nach Angaben des Deutschen Aktieninstituts (DAI) einen neuen Höchststand bei den Aktionären in Deutschland. 12,35 Millionen Menschen besaßen demnach Anteilsscheine von Unternehmen und/oder Aktienfonds – knapp 2,7 Millionen mehr als ein Jahr zuvor.

Vielleicht verschiebt sich allmählich das Bewusstsein der Deutschen in Bezug auf die Geldanlage. Geld anzulegen oder zu investieren könnte das neue Sparen werden. In Bezug auf die Wirtschaft und die Folgen der Corona-Pandemie wird die Gesellschaft noch geduldig sein müssen: Wie gut wirken die Corona-Hilfen? Welche Auswirkungen haben diese langfristig auf die wirtschaftlichen Prognosen? Und wann wird durch die Impfungen das Virus besiegt und können wir dadurch wieder auf längerfristige, sicherere Planungen und Prognosen hoffen?

Fazit:

  • Die Ergebnisse zeigen, dass die Coronazeit das Bedürfnis nach finanzieller Absicherung und Vorsorge bei allen Befragten unabhängig von Alter, Geschlecht und Einkommen derzeit beeinflusst, auch wenn kurzfristige Spargründe wie Urlaub, Freizeit und materielle Anschaffungen überwiegen.
  • Eine der wichtigsten Aufgaben für Finanzproduktanbieter ist die Bereitstellung umfangreicher und umfassender Informationen über Geldanlagemöglichkeiten, damit alle Verbraucher eine fundierte Entscheidungsgrundlage für den Vermögensaufbau haben.
  • Auch wenn Aktien erstmals seit Platzen der Dotcom Blase wieder einen Ansturm erfahren, bleiben wirtschaftliche (Langzeit-)Folgen der Pandemie unklar, niedrige Zinsen werden Wirtschaft und Gesellschaft noch länger begleiten.
  • Anleger werden sich daher auch in Zukunft über Alternativen zum Sparbuch Gedanken machen müssen.

Quellen: