Das Immobilienjahr 2021: Auf der Suche nach Stabilität

Das Wichtigste im Überblick:

· Wohnimmobilien zeigen sich robust.
· Anleger müssen mehr denn je Immobilien auf Herz und Nieren prüfen.
· Diversifizierung des Portfolios ist und bleibt essentiell.

Verschärfter Lockdown, verkorkster Impfstart, anhaltende Rezession – 2021 beginnt wenig ermutigend. Zwar lassen Impfstoffe auf eine Rückkehr zur Normalität hoffen. Bis jedoch genügend Menschen gegen das Virus SARS-CoV-2 immunisiert sind, so dass ein effektiver Schutz für die Gemeinschaft besteht, wird die Corona-Pandemie den Alltag weiterhin bestimmen. Nach wie vor gilt also: Abstand halten, Maske tragen, Kontakte meiden. Wie die Normalität nach der Pandemie aussieht, hängt nicht zuletzt davon ab, wie tief und lang die Bremsspur ist, die die Corona-Krise in Wirtschaft und Gesellschaft hinterlassen wird. In der Immobilienwirtschaft sind die Abdrücke in den einzelnen Anlageklassen bisher recht unterschiedlich: Während die Wohnimmobilienmärkte in 2020 kaum ins Schleudern gerieten, kam der Handel mit Gewerbeimmobilien teilweise erheblich ins Trudeln: Nach Angaben großer Maklerhäuser sank der Umsatz mit Büros, Hotels und anderen gewerblichen Nutzungen gegenüber 2019 um rund 20 Prozent und lag bei knapp 60 Milliarden Euro[1]. Insgesamt belief sich das Investitionsvolumen am gesamten deutschen Immobilienmarkt im vergangenen Jahr auf rund 79 Milliarden Euro[2]. Zum Vergleich: In 2019 wurde ein Volumen von 90 Milliarden Euro erzielt. Für 2021 erwarten Immobilienexperten, dass sich die Anlagemärkte noch stärker unterschiedlich entwickeln. Worauf müssen sich Anleger einstellen?

Wohnimmobilienmärkte sind Krisengewinner

Einig sind sich Marktkenner, dass die Nachfrage nach Wohnimmobilien trotz Corona-Krise anhält[3]. Die DZ HYP sieht die Anlageklasse der Wohnimmobilien gar als Krisengewinner[4]. Tatsächlich hat das Virus den Wohnungsbau wenig beeinflusst: Allein im November 2020 erteilten Baubehörden bundesweit fast 9 Prozent mehr Baugenehmigungen als im Vorjahreszeitraum[5]. In den elf Monaten stieg vor allem die Zahl der genehmigten Wohnungen in Zweifamilienhäusern (plus 26,8 Prozent), gefolgt von Einfamilienhäusern (plus 17,5 Prozent). Schlusslicht waren Mehrfamilienobjekte mit einem Plus von lediglich 3 Prozent. Auch die Kaufpreiskurve kennt nur eine Richtung: nach oben. Besonders in begehrten Lagen von Großstädten und Ballungsgebieten. Wer heute beispielsweise in München eine Neubau-Eigentumswohnung kauft, zahlt im Schnitt 160 Prozent je Quadratmeter mehr als vor zehn Jahren. In Frankfurt sind es 126, in Berlin 122 und in Hamburg 112 Prozent[6]. Bei Bestandsobjekten fallen die Preissprünge aufgrund der großen Nachfrage teilweise noch höher aus. Daran wird die Corona-Krise voraussichtlich wenig ändern. Moderater entwickeln sich dagegen die Mietpreise: Verglichen mit 2019 kletterten sie in 2020 deutschlandweit um nur 0,6 Prozent[7]. Die deutlichste Steigerung verzeichnete München (plus 5,1 Prozent). In Top-Städten wie Frankfurt (plus 4,9 Prozent), Hamburg (plus 3,2 Prozent) oder Köln (plus 2,9 Prozent) lagen sie ebenfalls über dem Durchschnitt. In Berlin sorgte die Mietpreisbremse für ein mageres Plus von 0,8 Prozent.

Abzuwarten bleibt indes, wie sich die veränderten Wohnpräferenzen infolge der Corona-Pandemie mittel- bis langfristig auf die Wohnimmobilienmärkte auswirken. Beispielsweise haben Garten und Balkon während der Lockdown-Phasen bei Mieter:innen und Eigentümer:innen an Bedeutung gewonnen. Zudem wird mehr Wohnraum gewünscht, etwa für ein Arbeitszimmer[8]. Vororte und Randlagen von Metropolregionen dürften demnach noch attraktiver werden, als sie es ohnehin schon sind, was für die dort zu erzielenden Immobilienrenditen nicht schlecht sein dürfte[9]. Einer Untersuchung des IW Köln zufolge liegt der Total Return (das ist die Summe aus Mietrendite und Wertsteigerung) jener 36 Regionen, die an Deutschlands sieben größte Städte grenzen, seit Sommer 2016 über dem Wert in den Metropolen[10]. Es lohnt sich also für Anleger, die Entwicklungen abseits der Metropolen, auch in Kleinstädten, zu beobachten.

Büroimmobilieninvestoren erwarten Top-Qualität

Welche Langzeitfolgen die Corona-Krise für die Büroimmobilienmärkte haben wird, lässt sich nur wage bestimmen. Fakt ist, dass die Büroauslastung während der Lockdown-Phasen im vergangenen Jahr aufgrund von Home Office bei höchstens 20 Prozent lag[11]. Überdies hielten sich Unternehmen mit der Neu- bzw. Weitervermietung von Büroflächen merklich zurück: Stuttgart verzeichnet mit einem Minus von 62 Prozent den stärksten Rückgang. Platz 2 belegt Berlin (45 Prozent). Danach folgen Düsseldorf (44 Prozent), Hamburg (43 Prozent) und Frankfurt (41 Prozent)[12]. Wie schnell sich das Geschäft wiederbelebt, hängt nicht zuletzt davon ab, wie viele Menschen in welchem Umfang ins Büro zurückkehren. Derzeit ist eine seriöse Prognose kaum möglich[13]. Zumal offen ist, ob es künftig ein Recht auf Home Office geben wird und wenn ja, wie die Rahmenbedingungen dafür aussehen[14]. Um etwaigen Risiken wie Leerstand und schlechte Vermietbarkeit vorzubeugen, konzentrieren sich Profi-Investoren deshalb verstärkt auf den Ankauf qualitativ hochwertiger Büroobjekte in Bestlagen mit bonitätsstarken Mietern und langlaufenden Mietverträgen[15]. Das treibt jedoch die Kaufpreise und drückt auf die Renditen, die in den Top-Büromärkten wie etwa Frankfurt, Hamburg oder München unter 3 Prozent gesunken sind. Tendenz weiter fallend[16]. Zudem könnte der bisherige Vermietermarkt wegen des knappen Flächenangebots in einen Mietermarkt wegen der zu befürchtenden Leerstände umschlagen[17]. Zu den unkalkulierbaren Effekten durch die Corona-Krise kommt der Wandel der Arbeitswelt aufgrund der Digitalisierung hinzu, wonach ortsunabhängiges Arbeiten auf dem Vormarsch ist[18]. Die Rolle von Büros dürfte sich folglich ändern. Angesichts der damit verbundenen Fragen sind Faktoren wie Anpassungsfähigkeit und Drittverwendungsfähigkeit unerlässlich für ein krisenfestes Investment in eine Büroimmobilie.

Vertrauen in Einzelhandelsimmobilien getrübt

Unter erheblichem Transformationsdruck stehen in den nächsten Jahren Einzelhandelsimmobilien, insbesondere größere Objekte in Innenstädten. Experten rechnen hier mit einer enormen Welle von Modernisierungen und Restrukturierungen[19]. Allein 62 geschlossene Kaufhäuser des Handelsriesen

Galeria Karstadt Kaufhof warten deutschlandweit auf eine Rundumerneuerung. Weitere Leerstände aufgrund von Geschäftsaufgaben im Zuge der Corona-Krise dürften folgen, für die neue Konzepte gefunden werden müssen. Zwar verzeichnete der Einzelhandel trotz coronabedingtem Shutdown im November 2020 im Vergleich zum Vorjahresmonat ein Umsatzplus von 5,6 Prozent[20]. Zuwächse gab es aber nur in den Bereichen Haushaltsgeräte, Baubedarf und Einrichtungsgegenstände. Auch Fachmärkte und Lebensmittelmärkte profitierten. Der als Mieter wichtige Bekleidungssektor erlitt dagegen Umsatzeinbußen von bis zu 40 Prozent[21]. Entsprechend lang ist die Liste der Modehändler, die ins Schlingern geraten sind und Insolvenzverfahren durchlaufen mussten. Zu den bekanntesten gehören Bonita, Esprit und Hallhuber[22]. Das werden wahrscheinlich nicht die Einzigen sein.

Fachleute gehen davon aus, dass Einzelhandelsimmobilien als Anlageklasse anspruchsvoller und komplexer werden, wodurch die Anforderungen an Investoren, Eigentümer, Mieter und Kommunen hinsichtlich tragfähiger Immobilien- und Nutzungskonzepte steigen[23]. Vor allem Nahversorger seien als bonitätsstarke Mieter gefragt, wird vermutet. Überdies käme es auf eine funktionierende und im Idealfall sich ergänzende Nutzungsmischung an, etwa Sport, Gesundheit und Medizin oder Wohnen, Mobilität und Mikrologistik[24]. Die Annahmen decken sich mit dem 5-Punkte-Plan des Deutschen Städte- und Gemeindebunds zur Rettung der Innenstädte. Der sieht unter anderem vor, Stadtzentren in Erlebnisräume umzuwandeln und den stationären Handel mit dem Online-Handel zu verzahnen[25]. Institutionelle Anleger möchten darauf scheinbar nicht warten. Ihr Vertrauen in die Anlageklasse ist deutlich getrübt. Nur 5 Prozent wollen in 2021 in Einzelhandelsobjekte investieren, während sich 20 Prozent lieber früher als später von ihnen trennen möchten[26].

Erholung der Hotelimmobilienmärkte nicht vor 2024

Merklich durch die Corona-Krise verschlechtert hat sich die Stimmung an den Investmentmärkten für Hotelimmobilien. Hier stehen die Zeichen ebenfalls eher auf Deinvestieren statt zu investieren. Nicht einmal 10 Prozent der Profi-Anleger beabsichtigen sich in 2021 nach Hotels umzuschauen[27]. Und wenn, dann allenfalls nach Top-Objekten mit langfristigem Pachtvertrag, da sie die wenigsten Risiken bergen. Die zunehmende Risikoaversion war bereits im vergangenen Jahr am niedrigeren Transaktionsvolumen zu spüren, das um 60 Prozent auf unter 2 Milliarden Euro gesunken ist. Der Hotelimmobilienmarkt in Hamburg steht mit einem Minus von 6 Prozent noch am besten da. Am stärksten traf es Frankfurt und Köln (jeweils minus 84 Prozent). Auch um Berlin, wo die Hotels normalerweise bestens ausgelastet sind, machten institutionelle Investoren einen großen Bogen (minus 30 Prozent)[28]. Marktkenner rechnen damit, dass die Erholungsphase bis 2024 dauern wird. Dabei ist völlig offen, ob das lukrative Segment der Geschäftsreisen jemals das Vor-Krisen-Niveau erreicht, wie schnell sich der Städtetourismus erholt und wann wieder internationaler Tourismus möglich ist[29].

Online-Handel treibt Logistikimmobilienmärkte

Um so besser floriert der Markt für Logistikimmobilien. Mit einem Transaktionsvolumen von fast 8 Milliarden Euro wurde das Vorjahresergebnis um 5,5 Prozent übertroffen. Auf lange Sicht stieg der Umsatz sogar um 56 Prozent – das zweitbeste jemals registrierte Ergebnis[30]. Ein positives Signal sind die zahlreichen Neubauten. Fast 5 Millionen Quadratmeter Lagerflächen befinden sich derzeit in der Projekt-Pipeline. Spitzenreiter unten den deutschen Logistikregionen ist Leipzig/Halle mit einem Neubauvolumen von 360.000 Quadratmetern – das Dreifache des Jahres 2019. Platz 2 belegt die Region Berlin/Brandenburg mit 355.000 Quadratmetern, das Werksgelände der Gigafactory von Tesla nicht mitgerechnet. Die Region Hannover liegt mit 320.000 Quadratmetern auf dem dritten Platz[31]. Auf Expansionskurs ist allen voran Amazon. Der Internethändler konnte seinen Umsatz allein im zweiten Quartal 2020 um 40 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum steigern. Auch Otto, Zalando und Mediamarkt gehören zu den Gewinnern der Corona-Krise[32]. Ihr Erfolg steht in krassem Gegensatz zur Misere vieler Eigentümer von Einzelhandelsimmobilien. Wegen der großen Nachfrage sind die Kaufpreise für moderne Logistikzentren, wie die für zeitgemäße Büroobjekte, kräftig im Aufwind, was wiederum die Netto-Rendite schmälert, die aktuell bei 3,35 Prozent liegt. Lediglich in Leipzig lassen sich 3,6 Prozent erzielen. Auffallend viel Bewegung gibt es abseits der Top-Lagen, was Marktkenner darauf zurückführen, dass Online-Händler vermehrt in die Peripherie ausweichen und Logistikdienstleister und Verlader ihre bisherige Standortstrategie hinterfragen[33].

Differenzierter Blick ist wichtiger denn je

Insgesamt zeigt sich der Markt für Immobilieninvestments demnach durchaus krisenfest. Je nach Nutzungsart ist es für Anleger jedoch mehr denn je wichtig, eine Investition detailliert auf Herz und Nieren zu prüfen, um etwaige Risiken und Chancen zu erkennen. Was auf den ersten Blick lukrativ erscheint, kann bei näherer Betrachtung sehr wohl seine Tücken haben. Umgekehrt lohnt sich eine Investition eventuell gerade dann, wenn das Potenzial einer Immobilie erst noch gehoben werden muss. Nicht umsonst liegen 81 Prozent der institutionellen Investoren auf der Lauer, um in 2021 das eine oder andere gute Geschäft zu machen[34]. Allerdings kommt es hier sehr auf den Einzelfall an. Darüber hinaus ist es essentiell für Anleger, sich möglichst breit aufzustellen und das Portfolio zu diversifizieren. Wer aktuell größtenteils in Einzelhandelsobjekte und/oder Hotels investiert ist, dürfte nicht sonderlich ruhig schlafen. Die Börsenweisheit, nicht alle Eier in einen Korb zu legen, gilt besonders jetzt. Das im Hinterkopf, dürfte es ein interessantes Immobilienjahr für Anleger werden.