Wissen

Der geschlossene Fonds in der Erbschaft

Gastbeitrag von Rechtsanwältin Kristin Winkler, Fachanwältin für Erbrecht und Steuerrecht

Ob Erbschaften kompliziert werden, hängt nicht nur davon ab, wie zufrieden die Beteiligten mit dem ihnen zugewendeten Nachlass sind. Auch die Art der in der Erbschaft befindlichen Werte entscheidet darüber, wie schnell die Abwicklung des Erbfalls geht.

Die bei deutschen Anlegern in den letzten Jahrzehnten beliebten geschlossenen Fonds können bei den Erben schon mal zu Kopfzerbrechen führen. Rechtlich und steuerlich gibt es hier einige Besonderheiten, die eine Beratung durch einen Rechtsanwalt für Erbrecht oder einen Steuerberater erfordern.

Wer rückt als Gesellschafter nach? Das sagt das Erbrecht

Wer für den Erblasser als Gesellschafter in die Fondsgesellschaft nachrückt, ist häufig nicht sofort klar. In einfachen Fällen gibt es einen gesetzlichen oder testamentarischen Alleinerben oder der Erblasser hat den Fondsanteil einer bestimmten Person im Rahmen eines Vermächtnisses zugewiesen. Gibt es mehrere Erben, also eine Erbengemeinschaft z.B. aus Kindern bzw. Kindern und Ehegatte, fallen alle Nachlasswerte grundsätzlich an die Erbengemeinschaft. Bei Personengesellschaften wie der KG – die häufigste Rechtsform geschlossener Fonds – gilt jedoch eine Ausnahme: Wird ein Kommanditist von mehreren Personen beerbt, wird nicht die Erbengemeinschaft als solche Gesellschafterin der KG. Die einzelnen Miterben werden vielmehr automatisch jeweils zu Gesellschaftern entsprechend ihrer Erbquote. Der Fondsanteil verfällt somit in kleinere Teile. Handelt es sich bei der Fondsgesellschaft um eine GmbH, gilt diese Ausnahme jedoch nicht. Hier hält dann die Erbengemeinschaft den GmbH-Geschäftsanteil im sogenannten „gesamthänderischen Verbund“.

Nicht nur in das Testament, sondern auch in den Gesellschaftsvertrag schauen

Erben sind gut beraten, hinsichtlich einer Fondsbeteiligung nicht nur das gesetzliche Erbrecht, und das Testament, sondern auch den Gesellschaftsvertrag unverzüglich zu prüfen. Letztlich entscheidet nämlich dieser Gesellschaftsvertrag darüber, ob der begünstigte Erbe bzw. Vermächtnisnehmer tatsächlich auch Gesellschafter werden kann. Bestimmte Erben können aufgrund von Ausschlussgründen oder qualifizierten Nachfolgeklauseln daran gehindert werden, als Gesellschafter in die Fondsgesellschaft nachzufolgen. Beschränkungen sind z.B. für nicht in Deutschland steuerpflichtige Erben oder solche in der Insolvenz möglich. Solche ausgeschlossenen Erben erhalten statt des Fondsanteils dann eine Abfindung, die häufig unter dem tatsächlichen Verkehrswert des Anteils liegt.

Auch die Vertretung ist im Gesellschaftsvertrag geregelt. Geht der Fondsanteil auf mehrere Erben oder Vermächtnisnehmer über (z.B. bei GmbH-Geschäftsanteilen), sieht die Satzung üblicherweise vor, dass die Erben dann einen gemeinsamen Bevollmächtigten bestimmen müssen.

Legitimation durch Erbschein oder notarielles Testament

Erbe werden ist nicht schwer – das geht nach deutschem Erbrecht ganz von allein. Nicht ganz so einfach ist es dagegen, anderen einen entsprechenden Nachweis zu erbringen. Fondsgesellschaften verlassen sich regelmäßig nicht auf eine Auskunft in Verbindung mit der Sterbeurkunde. Daher ist in dem Gesellschaftsvertrag üblicherweise geregelt, dass Erben als Nachweis ihrer Erbenstellung einen Erbschein oder ein eröffnetes notarielles Testament in beglaubigter Abschrift vorlegen müssen. Sowohl die Testamentseröffnung als auch die Beantragung eines Erbscheins sind mit Kosten für das Nachlassgericht und/oder den beauftragten Notar verbunden. Weder das Testament noch der Erbschein sichern übrigens dauerhaft das Erbrecht. Auch später noch können andere potentielle Erben ein Testament anfechten oder aus anderem Grund eine eigene Erbenstellung behaupten und gerichtlich überprüfen lassen. Unter Umständen müssen dann der Fondsanteil und andere Nachlassgegenstände wieder herausgegeben werden.

Probleme bei der Liquidierung

Die Kündigung eines Fondsanteils an einem geschlossenen Fonds ist für den Anleger während der vorgesehenen Laufzeit grundsätzlich nicht möglich. Dies gilt auch für die Erben, die in die Gesellschaft einrücken. Wollen sie den Fondsanteil vorzeitig zu Geld machen, können sie diesen somit nicht an die Gesellschaft zurückgeben und sind auf einen Verkauf auf dem Zweitmarkt angewiesen. Inwieweit die Veräußerung an Dritte zulässig ist, kann ebenfalls dem Gesellschaftsvertrag entnommen werden. Ob ein vorzeitiger Verkauf wirtschaftlich sinnvoll ist, muss im Einzelfall entschieden werden.

Mögliche Privilegierung bei der Erbschaftsteuer

Wie andere Vermögenswerte im Nachlass unterliegen grundsätzlich auch geschlossene Fonds der Erbschaftsteuer. Sind die persönlichen Freibeträge aufgebraucht, kann dies – vor allem bei Nichtangehörigen – teuer werden. Viele gewerbliche Fonds gelten jedoch erbschaftsteuerlich als privilegiertes Betriebsvermögen. In diesen Konstellationen ist eine weitgehende oder sogar vollständige Verschonung von der Erbschaftsteuer möglich. Dies gilt seit einigen Jahren auch für treuhänderisch gehaltene Anteile an Fonds-KGs. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht jüngst die konkrete Besserstellung von Unternehmenserben gekippt. Es bleibt somit abzuwarten, welche geschlossenen Fonds auch künftig steuerfrei vererbt werden können.

Über die Autorin

Kristin Winkler ist Rechtsanwältin und Partnerin der Kanzlei GWGL in Hamburg. Als Fachanwältin für Erbrecht und Fachanwältin für Steuerrecht leitet sie in der Kanzlei das Dezernat Erbrecht und Erbschaftsteuer. Sie berät und vertritt Unternehmen und Privatpersonen in allen Fragen rund um die Themen Testament, Erbschaft, Erbstreit und Unternehmensnachfolge. Weitere Informationen zur Autorin und ihrer Tätigkeit als Rechtsanwältin für Erbrecht in Hamburg finden Sie hier:

https://www.gwgl-hamburg.de/team/kristin-winkler/.